Die Abhängigkeit der Bedürftigen von der Hilfsbereitschaft der Besitzenden hat seit jeher bei vielen verantwortungsbewussten Menschen in der Gesellschaft zu einer wachen Aufmerksamkeit für die Not des Nächsten geführt. Das galt vor allem bis zur Einführung der Sozialgesetzgebung im vorigem Jahrhundert. Es wurden und werden dadurch die individuellen zwischenmenschlichen Beziehungen quer durch die Schichten der Bevölkerung wesentlich gefördert. Das Verantwortungsbewusstsein des Sozialstarken für den Schwächeren war in Bürgerkreisen auch noch bis weit in dieses Jahrhundert verbreitet. So kam es vor, dass ein in Jahrzehnten gewachsenes Treueverhältnis eines Arbeiters von seinem langjährigen Arbeitgeber, indem er im Alter Wohnung und Beköstigung zur Verfügung stellte und im Krankheitsfall unterstützend wirkte. Solche oder andere Hilfeleistungen beruhten aber immer auf dem Prinzip der Freiwilligkeit, einen Anspruch darauf gab es nicht.
Von diesem Geist war auch die Gründergeneration des Kinderhospital-Vereins geprägt, gleichermaßen die Mitarbeiter des Hauses wie die Mitglieder des Vereins. Sie sorgten sich engagiert für die Errichtung und Erhaltung des Hauses zum Wohl der Kinder der Region. In den Anfangsjahren bildeten die Pflegegelder nur einen Teil der Einnahmen. So wurde der Pflegesatz pro Kind und Tag lange Zeit auf 75 Pfennige festgesetzt, auch als die Kosten schon auf 1,55 Mark gestiegen waren. Spenden mussten die Defizite decken. So wurden alle zwei Jahre wiederkehrende Bazare abgehalten, erstmals 1869 in der Hirschapotheke, in der Frau Clementine Meyer Räume zur Verfügung stellte. In den folgenden Jahren fanden sie im Großen Club, im Harmonieclub und dann in der Stadthalle statt. Es wurde in die Hausbüchse des Hospitals, dem „Gottlieb“ gesammelt - auf ihr stand der Spruch „Einen fröhlichen Geber hat Gott lieb“ -, es gab Geld von Schiedsleuten aus Sühneterminen, Lohndiener sammelten bei Hochzeiten und anderen Festlichkeiten zugunsten des Kinderhospitals. Erwähnenswert scheint auch die langjährige Hilfe durch den „Polterclub“ - in Osnabrück werden die Nachtgewänder volkstümlich Polter genannt -, einer Vereinigung von jungen Mädchen, die regelmäßig Näharbeiten leisteten und Strümpfe strickten.
Daher ist hervorzuheben, dass sich der Verein, trotz der Kostendeckungsprobleme, besonders um die Kinder sorgte, deren Eltern den finanziellen Belastungen eines Krankenhausaufenthaltes ihres Kindes nicht gewachsen waren. Es entsprach dem Verständnis zur Gemeinnützigkeit und sozialem Charakter, wirklich unbemittelten Unterhaltsverpflichteten die Heilungsmöglichkeit nicht zu verwehren. Schon 1876 wurde aus Mitteln einer Stiftung von Frau Therese Reinecke und mit einem Legat eines Frl. Heilmann dazu der Freibett-Fonds gegründet, der für eine private Einrichtung etwas Besonderes und Einzigartiges war und bis heute noch ist. Aber erst durch die engagierten Initiativen des Vereins-Vorstandes und der Mitglieder wurde es bald Sitte, aus traurigen oder freudigen Ereignissen ein Freibett zu stiften.
In den Jahresberichten wurden die Namen der Spender und die Höhe der Beträge festgehalten, die in getrennter Rechnung geführt wurden. Es sind dort Namen nachzulesen, die noch heute in vieler Munde sind, weil Straßenzüge nach ihnen benannt wurden oder Firmen mit diesem Namen noch bestehen. Der seinerzeit populärste Stifter konnte auf Empfehlung des Landdrosten Gehrmann gewonnen werden. Zum Andenken an die Feier zu seiner goldenen Hochzeit am 11. Juli 1879 hat Kaiser Wilhelm I mit seiner Frau den „Wilhelm-Augusta-Freibett-Fonds“ in Höhe von 2.200 Mark gestiftet. Von den Zinsen des angesammelten Kapitals konnten arme Kinder frei verpflegt und behandelt werden. Dass die Namen der Spender mit dem Freibett-Fonds verbunden blieben, war der Grund, reichlich Nachahmer zu finden. Daher konnte schon nach wenigen Jahren seines Bestehens 1891 ein Kapital von 11.500 Mark gebucht werden und damit zwei Freibetten ganzjährig zur Verfügung gestellt werden. Bis zum Beginn des ersten Weltkrieges stieg die Summe auf stolze 138.000 Mark an, mit den Zinsen konnten jährlich schon 15 Kinder frei verpflegt werden. Aber die Inflation nach dem Krieg wirkte sich auch auf diese segensreiche Einrichtung äußerst nachteilig aus.
Das Kapital des Freibett-Fonds war in einer Kriegsanleihe angelegt und in das Reichsschuldbuch eingetragen worden. Die Schuld wurde in ein Auslosungsrecht umgetauscht und erst 1928 mit 1.139 Reichsmark ausbezahlt. Trotzdem ließ sich der Verein nicht entmutigen, den wichtigsten Teil seiner Sozialpflege mit jahrzehntelanger bewährter Tradition aufzugeben. Durch Zuwendungen aus der Bürgerschaft, verstärkt durch eine 1000 Goldmark-Spende der nach Amerika ausgewanderten Osnabrücker Bürger Frl. Elfriede und Herrn Rudolf Pagenstecher, konnte bereits 1929 wieder ein Kapitalstand von 7353 GM erreicht werden. In den folgenden Jahren ging die Spenden-Bereitschaft deutlich zurück, vor allem die aus dem Ausland. Lediglich 1932 kam noch einmal eine namhafte Summe eines unbekannten Spenders aus Amerika.
Dadurch wurde es dem Verein möglich gemacht, weiterhin Freibetten vorzuhalten. Bis 1939 wurde schon wieder ein Kapitalstand von 19.206 M erreicht. Davon wurden 306 M für 204 Pflegetage des Freibett-Fonds entnommen. Auch während des zweiten Weltkrieges wurde die Arbeit fortgesetzt, wenn auch nur im bescheidenen Rahmen. Durch die Währungsreform musste der Fonds zum zweiten Mal in seiner Geschichte den fast völligen Zusammenbruch erleiden. Nach der Umstellung der Währung am 20. Juni 1948 auf die DM wurde in der folgenden Eröffnungsbilanz ein Betrag von DM 1476 ausgewiesen, der jedoch für den Brauch des Freibett-Fonds als zu ungenügend angesehen wurde und in vollem Umfang für den notwendigen Krankenhaus-Neubau verwandt worden ist.
In den folgenden Jahren gingen zwar immer wieder Spenden zu seinen Gunsten ein, so dass auch mittellose Kinder zu Lasten des Fonds aufgenommen werden konnten, aber die immer weiter verbesserte soziale Absicherung der Bevölkerung verbunden mit dem wachsenden Wohlstand ließ ihn praktisch zum Ruhen kommen. Jedoch waren noch Geldreste auf dem Sonderkonto, die sich durch die hohen Zinsstände durch die Jahre etwas vermehrten.
Als Herr Prof. von Mühlendahl 1990 die traditionsreiche Idee des Kinderhospital-Freibett-Fonds wieder aufnahm und fortführen wollte, konnte er auf einen bescheidenen finanziellen Fundus zurückgreifen. Durch seine Kontakte mit ausländischen Kliniken wurde er auf kranke Kinder aufmerksam, denen in ihrem Heimatland nicht mehr vernünftig geholfen werden konnte. So werden jetzt Kinder aus vielen Ländern aufgenommen, die schwerkrank mit Mehrfachverletzungen durch Kriegseinwirkungen oder in ihren Heimatländern nicht mehr behandelbaren Tumoren oder anderen komplizierten lebensbedrohlichen Erkrankungen zu uns kommen.
Im Einverständnis mit den hiesigen Krankenkassen und in vollem Einvernehmen mit den Mitarbeitern des Hauses wurde die Arbeit wieder aufgenommen. Wieder sind es die Bürger im Land, die durch ihre Hilfsbereitschaft und finanzieller Unterstützung unsere wichtige traditionelle Einrichtung mittragen. Und wieder werden aus vielerlei Anlässen Gelder gesammelt, die uns helfen zu helfen.
Bis zum 30. Juni 2011 wurde die Behandlung der Kinder aus dem Freibettfonds in der Pädiatrie (Kinderheilkunde) des Kinderhospitals Osnabrück am Schölerberg durchgeführt. Seit dem Auszug der Pädiatrie zum 1. Juli 2011 werden diese Kinder im Christlichen Kinderhospital Osnabrück behandelt. Die Spenden aus dem Freibettfonds leitet das Kinderhospital Osnabrück am Schölerberg an das Christliche Kinderhospital Osnabrück weiter.
In seiner langen Geschichte hat der Fonds viele Höhen und Tiefen erlebt, aber immer wieder gab es Menschen, die bereit waren, diese gute Sache zu unterstützen. Am 4. Oktober 1878 sagte Herr Pastor Bartels in seiner Einweihungsrede des neuen Kinderhospitalgebäudes an der Clubstraße: „...wir rechnen nämlich auf die Unterstützung der vom Herrn mit irdischem Gut gesegneten. Noch sind wir nicht in der Lage, alle armen Kinder umsonst zu pflegen. Aber wenn sich nur acht Familien zusammen tun, und jede von ihnen täglich einen Groschen gibt, so sind die Kosten für ein armes Kind schon reichlich gedeckt“. Dieser Appell hat bis heute Wirkung gezeigt. Wenn auch die Kinder unseres Landes in sozialer Sicherheit aufwachsen können, so sehen wir auch die Not der Kinder außerhalb unserer Landesgrenzen. Wir meinen, dass wir überall dort Kindern helfen müssen, wo wir es können, denn in ihnen liegt doch unsere ganze Zukunft.
Beiträge oder Spenden für den Freibettfonds:
Sparkasse Osnabrück
IBAN: DE08 2655 0105 0000 5476 12
BIC: NOLADE22
Stichwort "Freibettfonds"
Bitte geben Sie auf dem Überweisungsbeleg unter Verwendungszweck: Freibettfonds und Ihre Adresse an, wenn Sie eine Spendenquittung benötigen.
Für Fragen stehen wir Ihnen gerne vorab unter: info(at)kinderhospital.de zur Verfügung.