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Pionierarbeit: 21-Jährige wird erste Pflegeschülerin im Kinderhospital Schölerberg

21-Jährige wird 1. Pflegeschülerin im Kinderhospital Schölerberg | NOZ

Lavinia Viola Schimmelpfennig wird zur Pionierin im Kinderhospital Schölerberg – als erste Pflege-Auszubildende in der Osnabrücker Kinder- und Jugendpsychiatrie. Ihre wichtigsten Eigenschaften will sie sich dafür unbedingt erhalten: Geduld und Empathie.

Die 21-jährige Osnabrückerin weiß, worauf sie sich einlässt. Nach ihrem Fachabitur machte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr (FSJ) im Kinderhospital. In der Zeit habe sie viel gelernt. Eine Erkenntnis ragte heraus: „Jedes Kind braucht Zeit.“

Das Kinderhospital Schölerberg ist die Kinder- und Jugendpsychiatrie für Stadt und Landkreis Osnabrück. Hier werden junge Patienten aufgenommen, deren psychische Erkrankung eine längere und intensive Behandlung braucht oder die in schweren seelischen Krisen stecken.

Im FSJ arbeitete Schimmelpfennig vor allem auf der Kinderstation, der Station zwei. Hier werden Kinder vom Vorschulalter bis ins beginnende Jugendalter aufgenommen. Manchmal komme es vor, dass Kinder noch jünger sind, erklärt Pflegedirektor Stefan Wehnert. Viele Kinder litten an emotionalen oder Bindungsstörungen oder zeigten dissoziales Verhalten. ADHS spiele eine große Rolle. Magersüchtige Patienten selbst im Kindesalter seien keine Seltenheit.

Eine gute Entwicklung sehe man nicht jeden Tag, schildert die angehende Pflegeschülerin Schimmelpfennig. Deshalb sei Geduld so wichtig. Aber wer die Kinder über drei Monate oder länger begleitet, der entdecke rückblickend oft große Fortschritte. Das mache den Beruf für sie so sinnstiftend.

Ursprünglich hatte sie vor, eine Pflegeausbildung in der Erwachsenenpsychiatrie zu machen. Während des FSJ sei ihr aber immer klarer geworden, wie gern sie mit Kindern und Jugendlichen arbeite: „Das ist es. Das möchte ich machen.“

Ihr Interesse stieß im Kinderhospital auf offene Ohren. Dort reiften schon länger Überlegungen, dringend benötigte Pflegekräfte für den Pflege- und Erziehungsdienst selbst auszubilden. Deshalb bot man Lavinia Viola Schimmelpfennig an, die Rolle des Versuchskaninchens zu übernehmen.  

„Es war bemerkenswert, wie früh und wie selbstständig sie sich schon im FSJ eingebracht hat“, lobt Pflegedirektor Wehnert die 21-Jährige. „Sie war auf jeder Station, auf der sie ausgeholfen hat, extrem gern gesehen.“

Damit das Kinderhospital Schölerberg die Ausbildung anbieten kann, kooperiert es mit dem Niels-Stensen-Bildungszentrum, einer großen Bildungseinrichtung für Gesundheitsfachberufe in der Region. Zum Bildungszentrum wiederum gehört die Berufsfachschule Pflege des Christlichen Kinderhospitals Osnabrück (CKO), die Schimmelpfennig nun bald für die Unterrichtsblöcke der Ausbildung besucht.

Einen großen Teil der praktischen Ausbildung absolviert sie in der Kinder- und Jugendpsychiatrie. Sie wird aber auch in andere Pflegeeinrichtungen hineinschnuppern.

Schimmelpfennig soll keine Einzelkämpferin im Kinderhospital Schölerberg bleiben. Derzeit laufe das Bewerbungsverfahren für einen zweiten Ausbildungsplatz, berichtet Pflegedirektor Wehnert. Von der Ausbildung im eigenen Haus profitiere das Kinderhospital enorm, zeigt er sich überzeugt. „Pflegerisch muss man hier anders arbeiten als im Krankenhaus oder im Pflegeheim. Es geht viel um die Alltagsbegleitung der jungen Patienten.“ Eine gelernte Altenpflegerin etwa sei darauf nur bedingt vorbereitet.

Dennoch müssten auch bei den Pflegekräften im Kinderhospital die fachlichen Hintergründe vorliegen: etwa für die Medikamentengabe, für die Wundversorgung bei selbstverletzendem Verhalten oder bei magersüchtigen Patienten für die Sondenlegung.

Mit der eigenen Ausbildung ziehe sich das Kinderhospital zudem seinen eigenen Nachwuchs heran, erklärt Wehnert. So sei man angesichts des problematischen Pflegemangels weniger stark auf Bewerbungen von außen angewiesen.

Die 21-jährige Schimmelpfennig wird in der Ausbildung die anderen Stationen des Kinderhospitals kennenlernen. Sie wird im Schichtsystem und jedes zweite Wochenende arbeiten. Sie wird Bezugsbetreute für einzelne Kinder und Jugendliche werden, denen sie besondere Aufmerksamkeit schenken muss.

Sie habe aber das Gefühl, Belastendes nicht mit nach Hause zu nehmen, weil sie im Team darüber sprechen. „Das geht selbst mir nach 34 Jahren im Haus so“, sagt Wehnert. „Man denkt, man hat alles gesehen. Aber dann kommt doch wieder ein Kind, das so ein Paket zu schleppen hat, dass man es sich nicht vorstellen mag.“

Umso wichtiger sei es, einen Ausgleich zum Job zu haben, um auf andere Gedanken zu kommen. Sie gehe gerne spazieren, unternehme Ausflüge mit Freunden und der Familie, möge Filmabende, erzählt die angehende Pflegeschülerin.

Freunde sagten ihr oft, dass sie es „krass“ finden, was sie für eine Arbeit leiste. Schimmelpfennig hört das gar nicht so gerne, weil sie in der Freizeit am liebsten über anderes spricht.

Dennoch ist sie stolz. Vor allem, wenn Patienten mit großen Fortschritten das Haus verlassen. Ein Mädchen habe sie jüngst besonders beeindruckt. Die Elfjährige kam mit Magersucht ins Kinderhospital und musste per Sonde ernährt werden. Über ein halbes Jahr blieb sie in der Klinik. Als sie entlassen wurde, war die Sonde weg und sie konnte wieder normal essen, erzählt Schimmelpfennig. Geschichten wie diese seien der Grund, warum sie unbedingt bleiben möchte.

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